© Studio AHA!
Wäre es nicht folgerichtig, eine Ausstellung über die Archäologie des Wohnens nach heutigem Verständnis zu gliedern: Küche, Bad, Wohn-, Schlaf-, Kinder- und Arbeitszimmer? Nein, denn die zeitliche Tiefe des Themas lässt dies kaum zu. Anforderungen und Funktionen des Wohnens haben sich fortwährend geändert und äußeren Gegebenheiten angepasst. Essen zubereiten, schlafen und arbeiten fanden und finden bisweilen noch heute in ein und demselben Raum statt. Der Körperhygiene oder der Schlafstätte ein eigenes Zimmer zu widmen ist ein Phänomen der Neuzeit.
Und so ist die Ausstellung zwar wie ein Wohnungsgrundriss gestaltet, geht aber in den einzelnen Räumen den verschiedenen Funktionen des Wohnens nach:
1/8_Wohnen = Leben: Warum, wie und mit wem wohnen wir?
2/8_Am Anfang war das Feuer: Licht, Wärme, Kochen, Küche, Home Office
3/8_Segen und Fluch des Lagerns: Schutz und Aufbewahren von Vorräten und Besitztümern, aber auch Ungeziefer
4/8_Bitte Platz nehmen! Stühle, Throne und die Bedeutung des Zusammen-Sitzens
5/8_Schöner Wohnen: Wohnambiente, Dekoration und die Kline als Übergang zwischen Sitzen und Liegen
6/8_Bettgeschichten: Schlafen und Liegen in und ohne Betten
7/8_Porentief rein: Hygiene, Pflege und Badeluxus
8/8_Wie können/wollen/sollten/werden wir in Zukunft wohnen? Ein Ausblick
Die 450 Exponate der Ausstellung ergeben zusammen mit zahlreichen Grafiken und Reproduktionen ein umfassendes Bild davon, wie Menschen von Anbeginn bis in die jüngste Vergangenheit wohnten.
Die Besucherinnen und Besucher erwartet eine 1000 Quadratmeter-Wohnung voller kleiner und großer Geschichten. Der selbstgebaute Küchenstuhl von Walter Ulbricht, die Porzellanhunde, die dem Kunden um 1900 anzeigten, ob die Sexarbeiterin Kapazitäten hat oder die Klage Caesars über die mangelnde Hygiene der Germanen – gelesen von der deutschen Synchronstimme von Bruce Willis. Lustiger Sidefact: Die Römer dagegen trafen sich zum kollektiven Entleeren und Tratschen in öffentlichen Toiletten. Apropos Toilette – auf einem blumenverzierten Nachttopf aus Porzellan sollen gleich drei Berühmtheiten ihre Notdurft verrichtet haben: Napoleon, Friedrich Wilhelm III. von Preußen und Prinz Friedrich Wilhelm, der spätere Kaiser Wilhelm I.
Viele Exponate werden Ü40-Jährige in ihre Kindheitstage bei den Ur-/Großeltern zurückversetzen: Der Sparherd (um 1920), die Kugelwaschmaschine Marke SCANDO (um 1930), die Musiktruhe Kosmos 2 (1962) und der elektrische Wärmeschuh ,Sandalon‘ (1976) rufen sicher die eine oder andere Erinnerung wach.
Verspielte Details verteilen sich über die gesamte Ausstellung und offenbaren sich meist erst auf den zweiten Blick. So bellt die Besucherinnen und Besucher gleich am Eingang ein Hund(eskelett) an. Ein weiteres nettes Gimmick: Der meisterhaft vorgetragene Inhalt mehrerer antiker Miet-, Kauf- und Erbdokumente wird über eine DDR-zeitliche Klingelleiste ausgelöst. In einer Schublade huldigt Rotifer in einem Musikvideo – das übrigens auch im New Yorker MOMA zu sehen ist – der Architektin Margarethe Schütte-Lihotzky und ihrer „Frankfurter Küche“, dem Prototyp der heutigen Einbauküche. Über ein altes Wählscheibentelefon ist die Erzählung des Ehepaars Michel zu hören, das der Ausstellung ein kleines Schmuckkästchen mit sehr persönlichen Erinnerungsstücken beisteuerte.
Während des Rundgangs können Besucherinnen und Besucher auch selbst aktiv werden: beim Probe-Sitzen auf dem hölzernen Nachbau eines Thrones aus dem Palast von Knossos (Original aus Alabaster, 1500 v. Chr.) oder beim Probe-Liegen auf der Replik eines über 3000 Jahre alten ägyptischen Bettes, in dem eine – aus heutiger Sicht sehr unbequeme – sichelförmige Holzstütze die Funktion des Kopfkissens übernimmt.
An mehreren Stellen fragen die Kurator:innen die Gäste direkt: Was ist dein Lieblingsrezept? Was würdest du aus einer brennenden Wohnung retten? Oder: Wann klingelt dein Wecker? Die Antworten pflegt das Museum nach und nach auf die digitale Ausstellungsseite www.wohnen-im-smac.de und seine Social Media Kanäle ein.
Studio AHA! aus Erfurt entwarf für die Bereiche der Ausstellung einen Wohnungsgrundriss mit einer klaren Abgrenzung von Innen und Außen. Diese spiegelt sich auch in der Farbgestaltung wider: Die Außenwelt ist durch ein dunkles, kühles Petrol gekennzeichnet, während die Innenräume der Wohnung in sanften, warmen Farbtönen Gemütlichkeit vermitteln. Dass die Ausstellung nicht als klar definierter Rundgang angelegt ist, liegt in der Natur des Wohnens. Schließlich betreten wir Räume in unseren Wohnungen nach Bedürfnissen und nicht nach einem definierten Routenplan. In jedem Raum finden sich zentrale Inseln. Sie ermöglichen es den Besucherinnen und Besuchern, die zum Teil sehr großen Objekte von allen Seiten zu betrachten – und in einigen Fällen auch auszutesten.
Haus E - unsere Nachbarn und Agentur des Vertrauens - zeichnet für den Titel der Ausstellung und das Key Visual verantwortlich.
Referat Ausstellungen / Kuratorin Ausstellung "Home Sweet Home"
E-Mail: christina.michel[at]lfa.sachsen.de
Telefon: +49 371. 911 999 – 64
© smac | Annelie Blasko
Projektmitarbeiter/Kurator Ausstellung "Home Sweet Home"
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Projektmitarbeiter/Kurator Ausstellung "Home Sweet Home"
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© smac | Jutta Boehme